Vater küsst Neugeborenes am Kopf
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Die äußere Wendung – sanft und sicher

 

Eine Beckenendlage (BEL) liegt bei etwa 3–6 % der Schwangerschaften am Termin vor. In Deutschland betrifft dies jährlich >40.000 Schwangerschaften. Die Rate an Kaiserschnittentbindungen bei BEL ist hoch, sie liegt in Deutschland bei knapp 90 %.

Der Versuch einer äußeren Wendung („external cephalic version“ [ECV]) des Feten reduziert auf sichere Art und Weise die Anzahl an vaginalen BEL-und Schnittentbindungen. Trotz Empfehlung nationaler und internationaler Leitlinien wird den infrage kommenden Schwangeren in 20–30 % keine ECV angeboten. 

 

Letztendlich herrscht Einigkeit bei den Empfehlungen der nationalen Fachgesellschaften weltweit, dass Schwangeren mit persistierender BEL ab 36 + 0 SSW eine äußere Wendung angeboten werden soll.

 

Ende der 36., Anfang der 37. SSW sollte eine Lagekontrolle erfolgen, um eine mögliche Steiß- oder Querlage zu ent- decken. Eine Lageänderung des Feten wird insbesondere bei Erstgebären- den ab 37 + 0 SSW zunehmend unwahr- scheinlich.

 

Der Wendungsversuch kann als ambulante Prozedur geplant werden. Die Schwangere muss hierbei nicht nüchtern sein. Am Wendungsort soll die Möglichkeit zur Durchführung eines Kaiserschnittes bestehen. Zur Vorbereitung gehört die Durchführung einer CTG-Registrierung, eines Ultraschalls (Lage/Haltung, Fruchtwassermenge, Plazentalokalisation, Nabelschnurverlauf) sowie die Leopold Handgriffe. 

 

Die Wendung sollte in einer entspannten Atmosphäre erfolgen.

 

Ein Wohlbefinden der Schwangeren führt zu einer Relaxation der Bauchdeckenmuskulatur und reduziert möglicherweise den Uterustonus. Eine Entspannung der Bauchdecken kann zusätzlich durch eine entsprechende Lagerung (mit Flexion im Kniegelenk) und Unterstützung durch Stillkissen erreicht werden. Eine leichte Beckenhochlagerung kann die Mobilisation des Steißes aus dem unteren Uterinsegment erleichtern.

 

 Der Einsatz wehenhemmender Substanzen sollte zurückhaltend und nicht bereits vor Beginn manueller Maßnahmen eingesetzt werden. Bei Bedarf kann eine Bolusgabe oder eine Infusion den Erfolg der ECV positiv beeinflussen. Die Anlage eines Periduralkatheters kann nach Nutzen-Risiko Abwägung in Einzelfällen in Betracht kommen.

Der Einsatz und die Notwendigkeit von unterstützenden medikamentösen und invasiven Maßnahmen obliegen der individuellen klinischen Situation sowie der Erfahrung und Einschätzung des durchführenden Geburtshelfers bzw. der durchführenden Hebamme.

 

Wie wird die äußere Wendung durchgeführt?

 Meist wird zunächst der Steiß aus dem Becken mobilisiert.

Dies kann durch wiegende - schaukelnde Bewegungen unterstützt werden. Zeigt sich nach Steißmobilisation eine Rotationstendenz in eine Richtung, so wird diese als die favorisierte gewählt. Die Vorwärtsrolle wirkt hierbei erfolgversprechender. Stellt sich der Steiß in Schräglage über dem Beckeneingang ein, wird das Köpfchen mit der anderen Hand oder durch eine zweite Person in Drehrichtung nach caudal geführt. Hierbei verbleibt die erste Hand unter dem Steiß. Verweilt man einen Moment in dieser Position kann man bei wachen Kindern Bewegung wahrnehmen. Durch Überlassen des einen Freiheitsgrades können Kinder so durch Eigenbewegung Ihre Rotation unterstützen. Es bestehen auch Versuche, frühkindliche Reflexe in das Manöver miteinzubeziehen. Ein Auslösen von frühkindlichen Reflexen ist aufgrund des nur sehr indirekten Kontaktes mit dem Fetus sehr unwahrscheinlich. Viel eher werden durch die externe Stimulation aktive fetale Bewegungen ausgelöst, die den Wendungserfolg verbessern können. 

 

Sanfte wiegend-schaukelnde Bewegungen können auch bei der weiterführenden Drehung helfen, bis das Köpfchen im Becken zu liegen kommt. Selten befinden sich noch kleine Teile oder Nabelschnur vor dem Köpfchen, die in aller Regel nach etwas Geduld und Seitenlagerung der Schwangeren auf die Seite des jetzt kindlichen Rückens zurückweichen. Bei unklaren Tastbefunden kann durch Ultraschall die fetale Position dargestellt werden. In Abhängigkeit der Dauer des Manövers, kann intermittierend die fetale Herzfrequenz sonographisch bestimmt werden.

 

Die ECV kann insbesondere während der Manipulation unterhalb des Rippenbogens als unangenehm wahrgenommen werden. Starke Schmerzen oder die Notwendigkeit eines übermäßigen Drucks sollten zu einem Abbruch der Wendung führen. Gelingt die ECV nicht in die initial gewählte Richtung, so kann auch die Rotation in Gegenrichtung versucht werden. In Wendungspausen sollte die fetale Herzfrequenz abgeleitet werden. Nach der Wendung erfolgt eine CTG-Kontrolle für 30-60 min. Bei unauffälligem CTG kann die Schwangere entlassen werden. Am Folgetag sollten eine erneute CTG-Kontrolle sowie sonographische Lagebestimmung erfolgen. Bei Rhesus-negativen Schwangeren ist eine Anti-D-Immunprophylaxe obligat. 

Die Reversionsrate nach Wendungserfolg liegt etwa bei 3 – 4 %. Ebenso die spontane Drehung nach erfolgloser ECV. Bei Nicht-Erfolg besteht die Möglichkeit eines zweiten Wendungsversuchs nach mehrtägigem Abstand. Ob hier bereits zu Beginn supportive Maßnahmen wie Tokolyse und ein neuroaxiale Anästhesieverfahren eingesetzt werden, ist individuell mit der Schwangeren zu besprechen. 

 

Alternative Methoden

Komplementärmedizinische und alternative Methoden sind weit verbreitet. Zu den an den häufigsten angewandten Methoden gehören physikalische Maßnahmen wie die Indische Brücke, Yoga, Wassergymnastik und Haptonomie. Zudem wird versucht durch Akupunktur, Akupressur und Moxibustion eine spontane Drehung in Schädellage zu unterstützen. Diese Methoden gelten als ungefährlich.

Ein evidenter Wirksamkeitsnachweis liegt bislang nicht vor. Ob durch die o.g. Maßnahmen möglicherweise die der Erfolg einer äußeren Wendung positiv beeinflusst wird ist Gegenstand aktueller Forschung.

 

Outcome

Wendungserfolg

 

Die ECV gelingt insgesamt in 50 - 70 % der Versuche. Unterschiede bestehen zwischen Erstgebärenden mit 40 % und bei Mehrgebärenden um 70 % erfolgreicher Wendungen. Aus spezialisierten Zentren werden auch höhere Erfolgsraten berichtet. Dies gilt auch für Quer- und Schräglagen.

 

Geburtsmodus

Der Versuch einer ECV reduziert die Wahrscheinlichkeit für einen Kaiserschnitt erheblich (RR 0,57; 95% KI 0,40-0,82). Die Datenlage wird hinsichtlich der Kaiserschnittrate nach erfolgreicher ECV als heterogen bewertet. In Analysen wird sie mit ca. 21 % beziffert und liegt damit im Bereich von Schwangeren, die sich ohne vorherige Intervention am Termin mit SL vorstellen. Eine medikamentöse  Geburtseinleitung nach ECV verändert die Reversionsrate sowie die Rate an Kaiserschnitten nicht. 

 

Neonatales Outcome

Nach Cochrane Review von 2015 bestehen nach Durchführung einer ECV keine signifikanten Unterschiede bzgl. APGAR < 7, venösen Nabelschnur-pH-Werten, neonataler Intensivbehandlung und neonataler Mortalität, im Vergleich zum Outcome wenn keine äußere Wendung versucht wurde. 

Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen einem intrauteriner Fruchttod (IUFT) und der ECV konnte in mehreren Analysen nicht belegt werden. Insgesamt ist die ECV in geübten Händen ein sicheres Verfahren.

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© Dr. C. Hagenbeck